Die quadratischen Verpackungen von Ritter Sport Schokolade sind das Thema der Beschlüsse I ZB 42/19 und I ZB 43/19 vom 23.06.2020. Sie konkretisieren den “wesentlichen Wert” einer Ware in Verbindung mit einer als Marke benutzten Verpackungsform.
I. Streitgegenstand
Dreidimensionale Formmarken sind für die Ware “Tafelschokolade” für Ritter Sport Schokolade registriert. Sie zeigen jeweils eine Verpackung mit einer quadratischen Grundfläche. Die Klägerin bestritt die Markenfähigkeit dieser Formen und beantragte die Löschung der Marken.
II. Verfahrensverlauf
Das Bundespatentgericht (BPatG) hatte zunächst die Löschung der Marken angeordnet. Die Zeichen seien nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil sie ausschließlich aus einer Form bestünden, die durch die Art der Ware selbst bedingt sei.
Auf die Beschwerden der Markeninhaberin hatte der Bundesgerichtshof (BGH) die Entscheidungen des BPatG aufgehoben und die Verfahren an dieses zurückverwiesen. Dabei hatte BGH das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausgeschlossen. Allerdings sollte das BPatG prüfen, ob das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bestehe. Im Markengesetz lautet § 3 Abs. 2:
"Dem Markenschutz nicht zugänglich sind Zeichen, die ausschließlich aus Formen oder anderen charakteristischen Merkmalen bestehen,
1. die durch die Art der Ware selbst bedingt sind,
2. die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind oder
3. die der Ware einen wesentlichen Wert verleihen."
Diesbezüglich war das BPatG nunmehr der Auffassung, dieses Schutzhindernis liege nicht vor und die Löschungsanträge wurden abgewiesen. Dagegen hatte sich die Antragstellerin beim BGH beschwert.
III. Der wesentliche Wert einer Ware
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Zurückweisung der Rechtsbeschwerden ausgeführt, was den wesentlichen Wert einer Ware ausmacht. Die quadratischen Grundflächen der Verpackungen verleihen der beanstandeten Tafelschokolade jedenfalls keinen wesentlichen Wert. Obwohl sie das wesentliche Merkmal der Verpackungen darstellen.
Maßgeblich zur Beurteilung dieser Frage können für Waren der Kategorie “Tafelschokolade” die folgenden Kriterien sein:
- der künstlerische Wert der Verpackungsform; - der Unterschied der Verpackungsform zu anderen auf dem Markt befindlichen Formen; - ein eventueller Preisunterschied gegenüber ähnlichen Produkten; - eine auf die Verpackung bezogene Vermarktungsstrategie.
Das Schutzhindernis eines ‘wesentlichen Wertes’ liegt dann vor, wenn aus objektiven Gesichtspunkten hervorgeht, dass die Kaufentscheidung der Verbraucher in hohem Maß durch ein entsprechendes Merkmal des Zeichens bestimmt wird – wie im vorliegenden Fall die quadratische Verpackung.
Nach der Auswertung dieser Kriterien und auf Basis der Feststellungen des BPatG kam der BGH nicht zu dem Ergebnis, dass die quadratischen Verpackungen den Ritter Sport Tafelschokoladen einen wesentlichen Wert verleihen. Die Kaufentscheidung werde durch die quadratische Verpackung nicht in hohem Maße beeinflusst. Die quadratische Verpackung weise keinen besonderen künstlerischen Wert auf. Auch bedeutende Preisunterschiede ließen sich nicht feststellen. Zwar existiere eine auf die Verpackung ausgerichtete Vermarktungsstrategie “Quadratisch. Praktisch. Gut.”. Allerdings würden dadurch vielmehr Herkunfts- und Qualitätsinformationen vermittelt. Also genau das, was eine Marke auch vermitteln soll. Von einem wesentlichen Wert gemäß der o.g. Regelung und den o.g. Kriterien könne jedoch nicht ausgegangen werden.
IV. Fazit
Der BGH zeigt eine methodische und differenzierte Bewertung der Markenfähigkeit einer Formmarke gemäß § 3 MarkenG. Dabei wird klar inwieweit der wesentlichem Wert einer Ware sich von deren wesentlichen Merkmal, welches für einen Markenschutz verwendet wird, unterscheidet. Eine Verpackung kann eine Marke einer Ware sein, wenn sie der Ware keinen wesentlichen Wert verleiht, aber dennoch als Herkunftshinweis dient.