Das Verfahren vor dem UPC sollte in der ersten Instanz normalerweise innerhalb eines Jahres stattgefunden haben.[1] Deswegen gilt für seinen Ablauf ein striktes Fristenregime (Regel 9 Abs. 2 EPGVerfO). Die Nichteinhaltung gesetzter Fristen führt in den meisten Fällen zur Präklusion des mit der Frist verbundenen Antrages. Eine Fristverlängerung kann möglich sein, stellt aber eher eine Ausnahme dar. Daher ist von großer Bedeutung, vor allem für den Beklagten, unverzüglich eine effektive Verteidigungsstrategie zu erarbeiten sowie gegebenenfalls eine Vorbereitung schon bei vermuteter Klageerhebung abzuhalten wie z.B. eine Recherche des Standes der Technik. Im Folgenden wird der zeitliche Ablauf eines Verletzungsverfahrens in der ersten Instanz mit den jeweiligen Schritten für den Kläger und den Beklagten geschildert.

Das Verfahren umfasst ein schriftliches Verfahren, ein Zwischenverfahren und ein mündliches Verfahren (Art. 52 EPGÜ).

Schriftliches Verfahren

– Einreichung einer Klageschrift (Regel 13 EPGVerfO) und Entrichtung der Gebühr für die Verletzungsklage (Regel 15 EPGVerfO) – Kläger

Innerhalb von 1 Monat nach Zustellung der Klageschrift: Erhebung eines Einspruchs, der folgende Gründe betreffen kann: i) die Zuständigkeit des Gerichts, ii) die Zuständigkeit der vom Kläger angegebenen Kammer oder iii) die Verfahrenssprache (Regel 19 EPGVerfO) – Beklagte

Innerhalb von 3 Monaten nach Zustellung der Klageschrift: Einreichung einer Klageerwiderung (Regel 23 EPGVerfO) und gegebenenfalls einer Widerklage auf Nichtigerklärung, wenn die Gültigkeit des Patents angegriffen wird (Regel 25 EPGVerfO). Für die Widerklage auf Nichtigerklärung ist eine entsprechende Gebühr zu entrichten (Regel 26 EPGVerfO) – Beklagte

Wenn keine Widerklage auf Nichtigerklärung erhoben wird:

Innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung der Klageerwiderung: Einreichung einer Replik auf die Klageerwiderung (Regel 29 b EPGVerfO) – Kläger

Innerhalb von 1 Monat nach Zustellung der Replik auf die Klageerwiderung: Einreichung einer Duplik auf die Replik auf die Klageerwiderung (Regel 29 c EPGVerfO) – Beklagte

Wenn eine Widerklage auf Nichtigerklärung erhoben wird:

Innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung der Klageerwiderung: Einreichung einer Erwiderung auf die Widerklage auf Nichtigerklärung zusammen mit einer Replik auf die Klageerwiderung und gegebenenfalls einem Antrag auf Änderung des Patents (Regel 29 a, Regel 30 EPGVerfO) – Kläger

Innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung der Erwiderung auf die Widerklage: Einreichung einer Replik auf die Erwiderung auf die Widerklage, gegebenenfalls zusammen mit einer Duplik auf die Replik auf die Klageerwiderung und einer Erwiderung auf den Antrag auf Änderung des Patents (Regel 29 d, Regel 32 Abs. 1 EPGVerfO) – Beklagte

Innerhalb von 1 Monat nach Zustellung der Replik auf die Erwiderung auf die Widerklage: Einreichung einer Duplik auf die Replik auf die Erwiderung auf die Widerklage, gegebenenfalls zusammen mit einer Replik auf die Erwiderung auf den Antrag auf Änderung des Patents (Regel 29 e, Regel 32 Abs. 3 EPGVerfO) – Kläger

Innerhalb von 1 Monat nach Zustellung der Replik auf die Erwiderung auf den Antrag auf Änderung des Patents: Einreichung einer Duplik auf die Replik auf die Erwiderung auf den Antrag auf Änderung des Patents (Regel 32 Abs. 3 EPGVerfO) – Beklagte

Darüber hinaus kann der Berichterstatter auf Antrag einer Partei, eingereicht vor dem Tag, an dem er das schriftliche Verfahren abschließen möchte, den Austausch weiterer Schriftsätze innerhalb festzusetzender Fristen zulassen (Regel 12 Abs 5, Regel 35 – 36 EPGVerfO). Das schriftliche Verfahren gilt dann mit Ablauf dieser festgesetzten Frist als abgeschlossen.

Zwischenverfahren

Der Berichterstatter übernimmt während des Zwischenverfahrens die Verfahrensleitung und trifft alle notwendigen Vorbereitungen für die mündliche Verhandlung. Insbesondere kann er, sofern angebracht, eine Zwischenanhörung („interim conference“) mit den Parteien abhalten (Art. 52 Abs. 2 EPGÜ, Regel 101 Abs. 1, Regel 103 – 106 EPGVerfO). Zusätzlich prüft er zusammen mit den Parteien die Möglichkeit eines Vergleichs und/oder eines Schiedsverfahrens unter Inanspruchnahme der Dienste des Mediations- und Schiedszentrums für Patentsachen (Art. 35, 52 EPGÜ). Innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens schließt der Berichterstatter das Zwischenverfahren ab (Regel 101 Abs. 3 EPGVerfO).

Mündliches Verfahren

Das mündliche Verfahren beginnt unverzüglich nach dem Abschluss des Zwischenverfahrens (Regel 110 EPGVerfO). Ab diesem Zeitpunkt übernimmt der Vorsitzende Richter die Leitung des Verfahrens (Regel 110 Abs. 3, Regel 112 Abs. 1 EPGVerfO). Es wird angestrebt die mündliche Verhandlung innerhalb eines Tages abzuschließen. Daher kann der Vorsitzende Richter zeitliche Begrenzungen für die mündlichen Ausführungen der Parteien festlegen (Regel 113 Abs. 1 EPGVerfO). Die Entscheidung in der Sache wird so bald wie möglich nach Abschluss der mündlichen Verhandlung erlassen. Das Gericht kann seine Entscheidung unmittelbar nach dem Abschluss der mündlichen Verhandlung verkünden und die Urteilsbegründung zu einem späteren Zeitpunkt vorlegen. Jedenfalls ist das Gericht gehalten, die Entscheidung in der Sache innerhalb von sechs Wochen nach der mündlichen Verhandlung schriftlich abzusetzen (Regel 118 EPGVerfO).

Autorin: Dr. Olga Michala

E-Mail: michala@paustian.de

[1] Siehe dazu das Präambel der UPC-Verfahrensordnung (EPGVerfO)

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