Mitinhaber Patente

Wer jemals an einer Wohneigentümerversammlung teilgenommen hat, kennt die Probleme, die sich für mit einander verbundene  Eigentümer ergeben können. Dies gilt auch für Patente. Allerdings ergeben sich für immaterielle Rechte auch Unterschiede zu gemeinschaftlichem Sacheigentum. Kenntnisse der Rechtslage und zur vertraglichen Steuerung einer gemeinschaftlichen Bewirtschaftung von Patenten (und Gebrauchsmustern) sind empfehlenswert.

I. Was ist Mitinhaberschaft ?

1. Mithinhaber nicht gleich Miterfinder

Miterfinder ist jeder, der einen schöpferischen Beitrag zu einer Erfindung geleistet hat. Der Beitrag muss nicht zwingend erfinderisch sein (BGH GRUR 2004, 50 – Verkranzungsverfahren). Die Miterfinderschaft ist ein nicht übertragbares Persönlichkeitsrecht.

Mitinhaber ist dagegen jeder Teileigentümer eines Patentes oder einer Patentanmeldung. Mitinhaber kann auch jemand sein, der nicht Erfinder der zu patentierenden oder patentierten Technologie war. Gleichsam bedeutet Mitinhaberschaft den Mangel an Alleininhaberschaft. Vor allem diese Eigenschaft ist es, die bei der Mitinhaberschaft eines Patentes zu Problemen führt und ggf. regelungsbedürftig ist.

2. Wie entsteht Mitinhaberschaft ?

Mitinhaberschaft kann bei Anmeldung eines Schutzrechtes durch mehrere Erfinder als Anmelder, oder, wenn diese unterschiedlichen Arbeitgebern zugeordnet sind, auf Basis des Gesetzes für Arbeitnehmererfindungen entstehen. Nach Einreichen einer Patentanmeldung kann Mitinhaberschaft durch Verkauf oder bei Vorliegen einer Vindikationslage entstehen.

Im Patentgesetz regelt § 6 S. 2 PatG, dass Personen ein Patent gemeinschaftlich zusteht, wenn sie die Erfindung gemeinsam gemacht haben. Beim Patentamt gilt zunächst die Anmelderfiktion, um das Erteilungsverfahren nicht zu verzögern. Demnach gelten alle Anmelder – unabhängig davon, wer Erfinder ist – zunächst als berechtigte Mitinhaber der Patentanmeldung (§ 7 Abs. 1 PatG).

Mitinhaberschaft bei Nichterfindern kann durch Vertrag oder sonstige Schuldverhältnisse zwischen Parteien entstehen. Für denjenigen, der keinen schöpferischen Beitrag zur Erfindung geleistet hat, kann eine Mitinhaberschaft vertraglich sogar im Voraus abgetreten werden. Einem Arbeitgeber steht eine Erfindung eines Arbeitnehmers ebenfalls zu, wenn diese in Bezug zum Arbeitsverhältnis steht. Allerdings muss der Arbeitgeber diese dazu gemäß § 6 ArbErfG in Anspruch nehmen.

Im Falle eines unberechtigten Patentinhabers (“Vindikationslage”) hat der berechtige Patentinhaber einen Anspruch auf volle Übertragung der Patentanmeldung oder des Patentes, gemäß § 8 PatG. Der Anspruch auf Einräumung einer Mitinhaberschaft ist zwar in § 8 PatG nicht explizit formuliert, stellt gegenüber dem vollen Übertragungsanspruch gegen den oder die Patentinhaber jedoch ein Minus dar, das in dem Verlangen nach voller Übertragung von vornherein mit enthalten ist (BGH GRUR 2006, 747 – Schneidbrennerstromdüse).

II. Wie wirkt sich eine Mitinhaberschaft aus ?

Das deutsche Patentgesetz trifft zum Innen- und Außenverhältnis zwischen Mitinhabern keine Aussage.

Ohne weitere vertragliche Regelung bilden Mitinhaber eines Patents eine Bruchteilsgemeinschaft, ähnliche wie Mitinhaber einer Eigentumswohnung. Dies ergibt sich aus § 6 S. 2 PatG. Die Bruchteilsgemeinschaft ist geregelt in §§ 741 ff. BGB. Bei diesen Regelungen hatte der Gesetzgeber jedoch die gemeinschaftliche Inhaberschaft an einem Patent nicht im Fokus. Dementsprechend sind die Gesetze für Mitinhaber von Patenten lückenhaft.

1. Ausgleich bei Eigennutz eines anderen Mitinhabers

Gesetzlich nicht eindeutig normiert sind Ausgleichsansprüche für Eigennutz eines andern Mitinhabers, z.B. die Vergabe einer (nicht-ausschließlichen) Lizenz oder den Verkauf eines Produktes, welches im Schutzbereich des Patentes liegt. Auch für Klagen, die prinzipiell von jedem Mitinhaber angestrengt werden können (siehe oben), ist nicht eindeutig geklärt, ob die anderen Mitinhaber an einem Klagegewinn zu partizipieren dürfen.

a. Gesetzlich Regelungen

Eine grundsätzliche Erlaubnis zum entschädigungsfreien Eigennutz für jeden Miterfinder geht aus § 743 Abs. 2 BGB hervor. Der Mitinhaber kann das Patent unabhängig seines eigentlichen Anteils nutzen. Eine Lizensierung an Subunternehmer ist damit ebenfalls möglich.

Ein erster Anknüpfungspunkt für einen Gewinnausgleich ergibt sich ebenfalls aus § 743 Abs. 2 BGB. Eigennutz ist zumindest dann ausgleichsbedürftig, wenn die anderen Mitinhaber durch den Eigennutz beeinträchtigt würden. Des Weiteren könnte auch eine Mehrheitsentscheidung dazu dienen, Ausgleichsansprüche gegen den das Patent nutzenden Mitinhaber zu erwirken, gemäß § 745 Abs. 1 BGB. Ohne vertragliche Regelung, könnte ein Gewinnausgleich aus billigem Ermessen infrage kommen, gemäß § 745 Abs. 2 BGB.

b. Rechtssprechung

Solange es jedoch an einem gemeinschaftlichen Beschluss der Bruchteilsgemeinschaft fehlt, ein Ausgleich gemäß billigem Ermessen nicht verlangt wird und auch keine Beeinträchtigung anderer Mitinhaber erfolgt, ist jeder Mitinhaber gleichermaßen zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Gegenstands befugt – ohne Ausgleichsansprüchen nachkommen zu müssen (BGH NJW-RR 2005, 1200 – Gummieleastische Masse II).

Fehlende explizite Regelungen können zum einen dadurch überbrückt werden, dass tatsächlich existierender Wille von vertragsschließenden Mitinhabern auch konkludenten Ausdruck finden kann. Im Übrigen können Regelungslücken durch eine ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden. An eine solche werden allerdings hohe rechtliche Anforderungen gestellt (BGH GRUR 2006, 401 – Zylinderrohr).

Demgegenüber empfiehlt es sich, grundsätzlich Ausgleichsansprüche zwischen den Mitinhabern so früh wie möglich und so umfassend wir möglich vertraglich zu regeln. Dabei können insbesondere auch die für die Mitinhaber erlaubten Nutzungen und die Bruchteile der einzelnen Mitinhaber spezifiziert werden.

2. Klagebefugnis des Mitinhabers

Inhaberschaft an einem Patent ist Prozessvoraussetzung. Somit führt fehlende Inhaberschaft zur Unzukässigkeit der Klage. Nur wer gemäß im Register als Inhaber (oder exklusiver Lizenznehmer) eingetragen ist, ist aktivlegitimiert und darf klagen (§30 Abs. 3 S. 2 PatG). Fraglich ist ob ein Mitinhaber, dem das Patent also nicht alleine gehört, klagen darf, wenn dieser nur als Mitinhaber (und nicht als Alleininhaber) im Patentregister eingetragen ist.

a. Gesetzliche Klagebefugnis

Bilden Mitinhaber eines Patentes eine Bruchteilsgemeinschaft, dann ist jeder Mitinhaber auch klagebefugt. Dies ergibt sich analog aus dem für Mieteigentümer konzipierten § 1011 BGB. Jeder Mitinhaber kann einen Dritten also eigenständig nach § 139 Abs. 1 PatG auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Analog ergibt sich auch, dass jeder Miteigentümer eigenständig auf Schadensersatz klagen darf. Dabei kann jedoch nur Leistung an alle Mitinhaber erwirkt werden (§ 1011 BGB i.V.m § 432 BGB). Die Klagebefugnis jedes einzelnen Mitinhabers wird auch als unabhängiges Sonderrecht eines jeden Erfinders angesehen (NJW 1993, 727).

Eine Einschränkung ist die Selbstzerstörung. Wie der einzelne Patentinhaber, darf auch der Mitinhaber eines Patentes gegen sein eigenes Patent nicht einsprechen oder Nichtigkeitsklage einlegen. Berufung eines Mitinhabers in einem Nichtigkeitsverfahren wirkt auch für die anderen Mitinhaber (BGH GRUR 1998, 138 – Staubfilter).

b. Vertraglich vereinbarte Klagebefugnis

Zusätzlich ist es den Mitinhabern eines Patents möglich, die Klagebefugnis durch vertragliche Vereinbarung zu regeln (§ 745 Abs. 1 S. 1 BGB). Dabei ist jedoch noch nicht ganz genau geklärt, in welchen Situationen diese Regelungen wegen der grundsätzlichen Relativität von Schuldverhältnissen nur zwischen den Mitinhabern wirken oder auch nach außen.

Die Relativität eines Schuldverhältnisses wird im Patentrecht regelmäßig durchbrochen. Zum Beispiel erwirbt der ausschließliche Lizenznehmer allein durch Lizenzvertrag eine selbstständige Klagebefugnis, die auch nach außen wirkt. Allein deswegen kann es gut möglich sein, dass auch eine andere vertragliche Regelung zur Gestaltung der Klagebefugnis eines oder mehrerer Mitinhaber auch nach außen wirkt. Dadurch könnte im Einzelfall selbst ein im Patentregister eingetragener Mitinhaber (und somit der nach § 30 Abs. 3 S. 2 PatG Klageberechtigte) durch eine vertragliche Regelung nicht aktivlegitimiert sein kann.

Im Klagefall hat das Gericht also zu klären, ob ein im Register eingetragener Mitinhaber des Klagepatentes auch wirklich aktivlegitimiert ist.

c. Mangelnde Klagebefugnis wegen Erschöpfung

Patentschutz für einen Gegenstand (Produkt, Vorrichtung, Verfahren) ist erschöpft, wenn dieser durch Verkauf oder andere Weise mit Zustimmung des Patentinhabers in Verkehr gelangt.

Vorrichtungspatente

Ein Mitinhaber eines Patentes darf ein in den Schutzbereich des Patentes fallendes Produkt (Vorrichtung, Herstellungserzeugnis) in Verkehr bringen, ohne dazu eine Erlaubnis eines anderen Mitinhabers zu benötigen. Dies ergibt sich für Bruchteilsgemeinschaften aus § 743 Abs. 2 BGB. Der Zwang zur gemeinschaftlichen Verwaltung gemäß § 745 Abs. 1 BGB findet keine Anwendung, da ein Patent ein nicht-rivales Gut ist.

Ist das Patent für ein Produkt erschöpft, fehlt auch dem anderen Mitinhaber (oder einem oder mehreren neuen Inhabern) die Aktivlegitimation zur Klage gegen den neuen Eigentümer der Vorrichtung. Denn Erschöpfung ist nicht teilbar. Mit anderen Worten, Erschöpfung wirkt auf das Patent in seiner Gesamtheit. Ein Kunde eines Mitinhabers, der ein patentgeschütztes Produkt gekauft hat, kann also auch von einem anderen Mitinhaber des Patentes nicht verklagt werden.

Verfahrenspatente

Bei Verfahrenspatenten ist die Lage komplizierter. Wenn eine Vorrichtung in Verkehr gebracht wurde, ist damit nicht zwangsläufig auch ein patentiertes Verfahren erschöpft, welches für das bestimmungsgemäße Betreiben der Vorrichtung erforderlich ist (BGH GRUR 2001, 723 – Bodenwaschanlage.) Allerdings ist die Situation einzelfallabhängig. Zweck des Erschöpfungsrechts ist und bleibt ein doppeltes Abkassieren eines Patentinhabers für eine Erfindung zu vermeiden. Insbesondere, wenn die Patentansprüche einheitlich gemäß § 34 Abs. 5 PatG sind (also eine einzige Erfindung schützen), wird ein nebengeordneter Verfahrensanspruch mit dem Vorrichtungsanspruch erschöpft sein.

Sollte ein Verfahrensanspruch nicht erschöpft sein (z.B. weil dieser uneinheitlich einem Vorrichtungsanspruch im gleichen Patent ist oder der  Verfahrensanspruch und der Vorrichtungsanspruch aus unterschiedlichen Patenten stammen) ist die Situation anders. Es stellt sich die Frage, ob der Erwerber von dem Verkäufer bei Kauf der Vorrichtung zumindest konkludent eine Lizenz zum Betreiben der gekauften Vorrichtung erwirbt. Dies führt zu weiteren Schwierigkeiten, da eine solche Lizenz, im Falle von mehreren Mitinhabern auch gemeinsam erteilt werden müsste, gemäß § 744 Abs. 1 BGB. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich, wenn der Erstkäufer mit (konkludenter) Lizenz für ein Verfahren, die Vorrichtung verkauft. Erstreckt sich die Lizenz dann auch auf den neuen Käufer? Und kann ein Mitinhaber des Patentes den neuen Käufer eventuell verklagen?

3. Veräußerungsbefugnis des Mitinhabers

Ein Patent kann von seinen Mitinhabern gemäß § 747 S. 2 BGB im Ganzen nur übertragen werden, wenn das Einverständnis aller Parteien vorliegt. Allerdings kann jeder Mitinhaber über seinen Anteil allein verfügen § 747 S. 1 BGB. Dieses Recht unterliegt zudem dem rechtsgeschäftlichen Verfügungsverbot § 137 BGB. Anderslautende Vereinbarungen (z.B. ein vertraglich vereinbartes Vorkausfsrecht) haben nur schuldrechtliche Wirkung.

Somit kann ein Mitinhaber beispielsweise seinen Anteil an einen Konkurrenten eines anderen Mitinhabers veräußern. Gegensätzliche Verabredungen zwischen den Mitinhabern könnten allein Schadensersatzansprüche auslösen. An der Wirksamkeit der Übertragung änderten sie nichts.

III. Zusammenfassung

Mitinhaber von Patenten sehen sich regelmäßig einer schwierigen Situation gegenüber, wenn sie unabhänig von Gemeinschaftsentscheidungen ihr Patent nutzen wollen. Eindeutige gesetzliche Regelungen gibt es nur wenige. Die Regelung der Mitinhaberschaft ist deswegen Voraussetzung für Lizenzverträge und der harte Kern jedes F&E-Vertrages .

Wir empfehlen die Mitinhaberschaft frühstmöglich, am besten schon vor Produktion der Erfindung, vertraglich zu regeln. Die Vertragspartner sollten auf ihre zukünftigen Bedürfnisse als einzelne Mitinhaber eingehen. Nicht alles sollte Gemeinschaftsentscheidungen überlassen werden. Dann kann die Mitinhaberschaft so geregelt werden, dass durch die Gemeinschaftsposition nicht noch zusätzliche Hürden für eine Nutzung des Patentes entstehen.

 

Autor: Dr. Martin Kuschel

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