Die Lokalkammer Düsseldorf verdeutlicht mit ihrer Entscheidung UPC_CFI_11/2024 vom 8. Mai 2025 die Möglichkeit und die Voraussetzungen die Validität des Patents durch Einführung von neuem Stand der Technik erst mit der Replik des Beklagten zur Nichtigkeitswiderklage anzugreifen. Somit hat das Gericht die Möglichkeit einer Klageerweiterung und ihrer Zulassung gemäß Regel 263 EPGVerfO veranschaulicht.

Laut Regel 263 Abs. 1 EPGVerfO kann eine Partei zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens beim Gericht die Zulassung einer Klageänderung oder Klageerweiterung, einschließlich einer Nichtigkeitswiderklage, beantragen. In dem Antrag ist zu begründen, weshalb die Änderung oder Ergänzung nicht schon in dem ursprünglichen Schriftsatz enthalten war. Die Zulassung wird vom Gericht abgelehnt, wenn die Partei, welche die Änderung beantragt, nicht das Gericht davon überzeugen kann, dass

(a) die in Rede stehende Änderung bei gebotener Sorgfalt nicht früher vorgenommen werden konnte und

(b) die Änderung die andere Partei in ihrer Verfahrensführung nicht unangemessen behindert (Regel 263 Abs. 2 lit. a, b EPGVerfO).

Diese beiden Bedingungen müssen unabhängig voneinander erfüllt sein. Die Beweislast dafür obliegt dem Antragsteller.

Im vorliegenden Fall argumentierte die Lokalkammer Düsseldorf in ihrer Entscheidung, dass, wenn der Beklagte neuen Stand der Technik mit seiner Replik zur Nichtigkeitswiderklage (Regel 29 d EPGVerfO) in das Verfahren einführt, mit dem er das Fehlen der Neuheit und / oder der erfinderischen Tätigkeit begründet, es sich um eine Erweiterung der Nichtigkeitswiderklage im Sinne von Regel 263 EPGVerfO handelt. Die Zulassung dieses weiteren Standes der Technik komme daher nur in Betracht, wenn der Beklagte das Gericht davon überzeugen könne, dass die in Rede stehenden Schriften nicht bereits mit der Nichtigkeitswiderklage vorgelegt werden konnten und wenn die Zulassung weiterer Schriften den Kläger nicht unangemessen in seiner Verfahrensführung beeinträchtige.

Vergleichbares gelte, so das Gericht, wenn bereits mit der Nichtigkeitswiderklage vorgelegter Stand der Technik erstmals in der Replik zur Nichtigkeitswiderklage für einen neuen Angriff auf die Neuheit und / oder die erfinderische Tätigkeit herangezogen werde. Auch dann müsse der Beklagte das Gericht davon überzeugen, dass es ihm bei gebotener Sorgfalt nicht möglich gewesen sei, den erstmals in der Replik zur Nichtigkeitswiderklage enthaltenen (weiteren) Angriff auf die Neuheit und / oder die erfinderische Tätigkeit bereits in die Nichtigkeitswiderklage aufzunehmen und dass die Zulassung dieses weiteren Angriffs auf die Neuheit und / oder erfinderische Tätigkeit nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers in der Wahrnehmung seiner Rechte führe.

In diesem Zusammenhang betont das Gericht, dass das Verfahren vor dem UPC „front-loaded“ ausgestaltet ist. Daher seien die Nichtigkeitsgründe bereits in der Nichtigkeitswiderklage geltend zu machen. Auch seien die Dokumente, auf welche sich der Beklagte zur Begründung der Nichtigkeitswiderklage stütze, mit der Nichtigkeitswiderklage vorzulegen (gemäß Regel 25 Abs. 1 lit. b, c und d EPGVerfO). Unter Berücksichtigung der in der Verfahrensordnung für den Regelfall vorgesehenen Abfolge von Schriftsätzen sowie dem damit verbundenen strengen Fristenregime könne nur so gewährleistet werden, dass der Kläger in seiner Verfahrensführung nicht unangemessen benachteiligt werde.

Das Gericht konkretisiert mit dieser Entscheidung die Gründe für die Präklusion eines neuen Angriffs auf die Validität des Patents, wenn dieser erst mit der Replik zur Nichtigkeitswiderklage erhoben wird. Ähnliches wird für Verteidigungsmittel zu erwarten sein.

Das ist von großer Bedeutung sowohl für die Entwicklung einer effektiven Verteidigungsstrategie seitens des Beklagten als auch für die Gewährleistung der Rechte des Klägers.

Autorin: Dr. Olga Michala

E-Mail: michala@paustian.de

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