– von Ludwig Lindermayer –
Managerfreundliche Fassung mit reduzierter Detailtiefe – bitte kontaktieren Sie uns für langweilige und umfassende anwaltliche Ausführungen. 😉
Zusammenfassung:
- Die Bedingungen des Austrittsabkommens werden angewandt.
- Kein unmittelbarer Handlungsbedarf für registrierte Gemeinschaftsmarken (GM).
- Handlungsbedarf bei noch anhängigen und zukünftigen GM.
Das Handelsabkommen von Heilig Abend (24. Dez. 20) zwischen GB und der EU ändert nicht die Bedingungen des Austrittsabkommens (siehe I.), könnte jedoch zukünftig potentielle Probleme verursachen (siehe II.)
Das im folgenden wichtigste Datum ist der 01. Januar 2021. Jede GM, welches an diesem Tag registriert ist, wird im folgenden “registriert” bezeichnet und jedes angemeldete, jedoch noch nicht registrierte GM wird als “anhängig” bezeichnet.
I. Bedingungen des Austrittsabkommens im Kurzüberblick
1) Für jede registrierte GM wird kostenfrei eine entsprechende Marke in GB durch das britische Patent- und Markenamt (UKIPO) geschaffen. Es werden keine Urkunden ausgestellt und die Erneuerungsgebühren dieser Marke sind am selben Tag fällig, wie die des GM.
2) Für anhängige GM gibt es einen Zeitraum bis incl. 30. September 2021, um eine entsprechende GB-Marke zu beantragen. Amtskosten werden fällig und ein Vertreter / Adresse in GB ist notwendig.
3) Jede GM, welche nach dem 01. Januar 2021 eingereicht wird, umfasst GB nicht mehr und eine eigenständige Anmeldung muss in GB eingereicht werden.
4) Abgesehen von Verfahren vor dem UKIPO gibt es für weitere drei Jahre (bis 31. Dezember 2023) keine Notwendigkeit für einen Vertreter / eine Adresse in GB.
II. Mögliche Probleme für Markenanmelder / -inhaber
1) Potentielle Falle für Markenanmelder?
Gibt es eine potentielle Falle für Markenanmelder, die eine von der anhängigen GM unterschiedliche GB-Marke beantragen?
Zitat von der GB-Regierungs-Homepage:
“You may be intending to file a UK trade mark application that does not correspond to a pending EUTM application in the nine months after the end of the transition period. If so, you should note that someone could [f]ile a UK application after yours and claim the earlier date of a corresponding EUTM application that was pending on 1 January 2021. Where this happens, the later-filed UK application will take precedence.”
Wäre das Obige korrekt, könnte sich die Möglichkeit für sogenanntes “trademark grabbing” durch Dritte zum Nachteil des GM-Anmelders ergeben.
Jedoch scheint die obige Aussage fehlerbehaftet, da das Prioritätsrecht nach Artikel 59 des Austrittsabkommens ein solches Recht nur der Person zukommen lässt, welche die vorherige GM eingereicht hat und nicht einfach irgendwer dieses Recht beanspruchen kann.
Tatsächlich erscheint es in den allermeisten Fällen jedoch ratsam in GB eine der GM entsprechende Anmeldung einzureichen, um ganz generell Prioritätsproblemen aus dem Weg zu gehen.
2) Rechtserhaltende Benutzung
Fortan ist die rechtserhaltende Benutzung und deren Nachweis komplizierter und teilt sich im Wesentlichen in Zeiträume vor und nach dem 01. Januar 2021 auf. Es ist -wie ganz allgemein hinsichtlich dieses Themas- empfehlenswert fortlaufend Benutzungsbeweise für jede Jurisidiktion, in welcher eine Marke angemeldet ist, zu sammeln. Hier sowohl in der EU als auch in GB.
3) Erschöpfung
Das Handelsabkommen legt fest, dass die Erschöpfung von Schutzrechten (Article IP.5) durch die EU und GB festgelegt werden kann. Dies bezieht sich auf alle Schutzrechte, also auch Patente. Man darf hitzige Diskussionen und Probleme in diesem Punkt erwarten, da er eng mit der Frage von IP-Verletzungen verknüpft ist.
4) Geographische Herkunftsangaben
Geographische Herkunftsangaben könnten in zukünftigen Anmeldeverfahren Probleme bereiten, da es derzeit keine verbindlichen Regelungen für den Schutz und die effektive Durchsetzbarkeit dieser gibt (siehe Article IP.57).
Im Wesentlichen ist das Obige auch auf Gemeinschaftsgeschmacksmuster anwendbar.
Natürlich werden wir unsere Mandanten hinsichtlich ihrer Optionen und möglichen ToDos informieren.